Klinik Königshof

Das Glas zu viel

Bei der Geburtstagsfeier ist es das Glas Wein, beim Einstand oder der Hochzeit das Glas Sekt und beim gemütlichen Grillen die Flasche Bier. Alkohol ist für viele ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens. Wer ablehnt, wird schnell zum Außenseiter oder muss sich erklären. Aber was schadet das eine Glas Rotwein beim Abendessen schon?

Das Alkohol nicht gesund ist, ist eigentlich allgemein bekannt. Trotzdem wird der Verzehr immer noch viel mehr wertgeschätzt als zum Beispiel das Rauchen. Würde heute jemand in einer Kneipe oder in der Nähe eines Neugeborenen rauchen, würde es mit Sicherheit einen Kommentar dazu geben oder sogar der Rauswurf folgen. Der Alkoholkonsum hingegen ist so stark gesellschaftlich verankert, dass es hier eher einer Rechtfertigung bedarf, wenn nicht getrunken wird.   

Erst kürzlich hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in ihrem neuen Positionspapier ihre Empfehlung dahingehend geändert, dass sie komplett vom Alkoholkonsum abrät. Alkohol sei eine psychoaktive Droge und die einzige sichere Variante sei es, keinen Alkohol zu trinken. Eine Erkenntnis, die wir in unsere Praxis nur begrüßen können, da wir Menschen zu versuchen helfen, bei denen aus dem einen Glas zu viel eine Sucht geworden ist.

Aber ab wann wird eigentlich von einer Alkoholsucht gesprochen? Ist das regelmäßige Glas Wein abends ein Indikator für eine Sucht? Das Kontinuum macht eine Sucht in jedem Fall aus, aber auch die Frage, ob ich bereits morgens Alkohol benötige, um den Tag zu überstehen. Der schädliche Gebrauch ist von Person zu Person unterschiedlich, wenn aber zum Beispiel körperliche Symptome, wie ein Zittern der Hände dazukommen, wenn kein Alkohol konsumiert wird, ist dies definitiv ein Indiz dafür. In solchen Fällen sollten Entzugsbehandlungen auch nicht allein zu Hause durchgeführt werden, sondern bei uns in der Klinik.

Aber auch der regelmäßige Verzehr, der noch nicht in einer Sucht gipfelt, kann schon körperliche Auswirkungen haben. So stürzen ältere Menschen unter regelmäßigem Alkoholkonsum zum Beispiel häufiger und auch Autounfälle vermehren sich. Laut der aktuellen Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ermittelten Fachleute mehr als 200 negative gesundheitliche Folgen durch Alkoholkonsum. Eine Zahl, die zu denken geben sollte.

Selbst der sogenannte Dry January ist zwar gut gemeint, aber letzten Endes auch nur bei vielen ein Selbstbetrug. Warum muss ich mir beweisen, dass ich es einen Monat ohne Alkohol aushalte, nur um dann im Februar wieder voll loszulegen? Hier würde ich mir etwas mehr Weitblick wünschen – und Wertschätzung für den eigenen Körper.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen wunderschönen Spätsommer (vielleicht mit leckeren Schorlen als Alternative zum Wein),

Ihr Jan Dreher

Klinik Königshof
Am Dreifaltigkeitskloster 16
47807 Krefeld
Telefon: 02151-8233 00 – Für Notfälle: 02151-8233-6032
klinik-koenigshof-krefeld.de

Foto: Luis Nelsen
Artikel teilen: